Archiv für April 19th, 2014
Wir kommen langsam in die Handlung
Hartmut kramte in seinen alten Unterlagen. Als Statistiker, der nicht wusste, wofür seine Statistiken überhaupt benötigt wurden, wen sie beeinflussen sollten, hatte er ein etwas ungestörteres Verhältnis zum rohen Datenmaterial. Er hatte in seiner Vergangenheit ein Gefühl entwickelt, wie Rohdaten zu beurteilen waren. Er nannte es die Stetigkeit diskreter Resultate.
Rein wissenschaftlich hätte man von Trends gesprochen. Die Bedeutung von Trends traf aber nicht zu. Es ging mehr um die Glaubwürdigkeit von Daten. Man konnte Statistiken jederzeit in der Ausarbeitung fälschen, doch viel stärker wirkte eine Fälschung, wenn bereits die Rohdaten durch gezielte fehlerhafte Erfassung in eine Richtung gelenkt wurden.
Hartmut hatte ein sonderbares Gefühl im Bauch, als er Daten über Terrorakte in seinen Unterlagen vorfand. In einer Vergleichsstudie der Jahre von 2010 bis 2030 wurden Terrorakte nahezu täglich gemeldet. Es kamen im Jahr zwei- bis dreitausend Menschen bei Terrorakten ums Leben. Danach nahmen die Terrorakte ab. Die Frequenz der Terrorakte nahm linear ab, bis sie im Jahr 2045 auf null fiel. Ab 2045 wurden keine derartigen Gewaltdelikte mehr veröffentlicht.
Das konnte durch Medienbeeinflussung passieren. Als Hartmut Peter einmal fragte, ob er von Terrorakten gehört hätte, verneinte dieser und meinte: „Wer sollte schon einen begehen? Du kannst heute niemanden mehr mobilisieren, auf die Straße zu gehen und zu revoltieren. Die meisten Terrorakte wurden auch durch religiöse Lehren gerechtfertigt und verursacht. Die Fundamentalisten sind aber ausgestorben. Schau dich doch um, wir haben das Paradies auf Erden, oder nicht?“
Hartmut konnte bestätigen, dass sich die Vertreter der einzelnen Religionen mittlerweile gut zu vertragen schienen. Sie waren froh, wenn sie die Menschen überhaupt soweit anziehen konnten, dass sie an ein jenseitiges Leben dachten. Schließlich war für die Armen gesorgt und die Jugend hatte ein unendliches Spielpotential, in der alle Welten simuliert werden konnten. Die Spiele führten ihnen vor Augen, wie viel leichter sie es doch im wirklichen Leben hatten. Für einen real zu erlebenden Kick gab es die Drogencenter, wo sich jemand unter kontrollierten Bedingungen aufputschen konnte, so viel er wollte. Das ging bis zum geplanten Selbstmord. Wenn es sich einer wünschte, konnte er sich auch einen tödlichen Schuss setzen, um eine besondere Erfahrung zu machen. Allerdings nur einmal. Die Freunde bekamen das mit und sahen, dass es keine Wiederholung geben konnte. Damit verlor diese besondere Aufputschung auch ihren Reiz. Man konnte ja niemanden erzählen, was man erlebt hatte.
Selbstmord war übrigens kein Delikt mehr. Versuchte sich jemand umzubringen und scheiterte, bekam er zwar eine pschologische Beratung. Die ging aber mehr in die Richtung, wie man seine Ziele erfolgreich erreichen konnte und nicht so sehr in die Prevention. Ein Menschenleben hatte für die Gemeinschaft oder das soziale Gemeinwesen keinen Wert. Arbeit war freiwillig. Ob jemand zur Produktion beitrug oder nicht, wurde nicht gewertet.
Menschen, die sich sozial in Gruppen zusammen geschlossen hatten, waren davon nicht betroffen. Hier gab es einen Zusammenhalt, der auch jemand unterstützte, dem es gerade nicht so gut ging.
Die reichen Leute, die mit Arbeit, so wie sie Hartmut hatte, hatten in der Regel nur sehr kleine Freudeskreise. Bei den Verwandten gab es in der Regel nur die Ehepartner, denn die Kinder wurden sehr bald in hochklassige Internate gegeben, wo sie ein gänzlich anderes Sozialwesen vorfanden. Die ‚Freunde‘, das waren die Nachbarn, so wie Peter einer war oder Bekannte, die sich mit gleichen Interessensgebieten hauptsächlich auf dem Arbeitsgebiet anboten. Sportstätten dienten auch als soziale Interaktionsstätten, es kam aber selten vor, dass Leute auch außerhalb des Trainings oder des Spiels zueinander fanden.
Es fehlte die äußere Bedrohung. Keine Kriege, keine Aufstände, keine Straßenverbrechen. Einbrüche hatten ihren Zweck verloren. Gestohlene Güter fanden keine Abnehmer. Diebsbanden mit professionellen Hehlern konnten sich keine mehr entwickeln.
Hartmut schloß, dass es ein sehr mächtiges Prinzip sein musste, welches die Terrorakte unterdrückte. Er hatte aber keine Ahnung, wer so stark sein könnte, dies weltweit durchsetzen zu können.
Einen gewissen Anteil an Terrorunterdrückung konnte sich jemand anderer schon erklären. Wei Liu war überrascht, als ihm eines Tages von Chen gemeldet wurde, dass Yang Li eine Unterredung mit ihm wünschte. Zwar war ihm ja mitgeteilt worden, dass sich andere Gruppen ihm anschließen würden, doch mit Yang Li hatte er nicht gerechnet. Yang Li war der Kopf der mächtigsten Triade in Hongkong, dessen Einfluß sich auf Macao erstreckte und der seine Fäden auch in Singapur spann. So wie Wei Liu war auch Yang Li kaum dazu zu bewegen, sein Haus besser seine Festung zu verlassen. Da Wei das wusste, sagte er Chen, dass er seine Telefonnummer hergeben dürfe. Chen berichtete ihm, dass Yang Li ihn aber persönlich treffen wollte und sogar bereit war, ihn zu besuchen. Dies verursachte ein logistisches Problem. Wenn Li kam, geschah das mit Leibwächtern und gepanzerten Limousinen und die würden Aufmerksamkeit auf das Domizil von Wei Liu richten. Er teilte daher Chen mit, dass er an einem bestimmten Tag abends im „Hölzernen Drachen“ sein würde und lud Li ein, ihn dort aufzusuchen. Der Hölzerne Drachen war ein einfaches Gasthaus mit einer unansehnlichen Fassade, welches aber so gelegen war, dass es nur von einer Seite befahrbar war. Neben dem Lokal befanden sich einige Geschäfte, die alle Wei Liu gehörten – selbstverständlich mit Hilfe von Strohmännern. Wenn Wei Liu sich dorthin begab, was das letzte Mal vor mehr als zehn Jahren geschah, wurde sofort die Zufahrtsstrasse gesperrt, sodass niemand mehr eine Gelegenheit hatte, zufällig vorbeizufahren. Die Fenstergläser bestanden aus Panzerglas und überdies war der Hölzerne Drachen mit vielen Sicherheitsmaßnahmen versehen. Es hatte in der früheren Vergangenheit Anschlagsversuche gegeben, doch die erfolglosen Attentäter hatten nicht einmal den Vorraum des Gasthauses überwunden. Chen kam noch einmal, um die Zustimmung von Yang Li zu bestätigen.
Am Freitag verließ Wei Liu mit dem für solche Gelegenheiten üblichen Leibwächtertroß sein Heim. Fünf Wagen verließen das Haus in zwei Gruppen. Die Dreiergruppe fuhr drei Minuten früher als die Zweiergruppe. Es war eine der seltenen Gelegenheiten, dass Chen mehr als sechshundert Meter von Wei Liu entfernt war. Wei Liu befand sich im hinteren Wagen der Zweiergruppe. Als sie einige Meter gefahren waren, bemerkte Wei etwas Erschreckendes. Der Wagen gehörte nicht zu seiner Flotte. Rein äußerlich sah er genauso aus wie alle anderen Wagen, doch von innen konnte Wei Liu erkennen, dass der Wagen kein Panzerglas hatte. Er sah den Fahrer an, doch der Mann machte keinen besonders gefährlichen Eindruck. Natürlich waren alle Personen in Wei Lius Diensten gefährlich. „Was ist das für ein Wagen?“ wollte Wei Liu wissen. „Das ist der Wagen 23, zwei Jahre alt, keine Vorkommnisse.“ – „Wieso hat dieser Wagen kein Panzerglas?“ Ein Ruck ging durch den Wagen, der Fahrer hatte ruckartig gebremst, doch gleich nahm er wieder Fahrt auf. Der Fahrer wirkte schockiert und das war er auch. „Entschuldigen Sie, sagen Sie mir bitte, was ich tun soll.“ Seine Stimme war nicht beherrscht, er hatte sichtlich Todesangst. Die war auf zweierlei Weise begründet. Erstens rechnete er mit einem Anschlag, der ihn zwangsläufig mit betraf und selbst wenn er diese Fahrt überlebte, hatte er mit einer Maßnahme von Chen zu rechnen. „Sie fahren jetzt bei der nächsten Straße rechts, dann drei Straßen geradeaus und danach links. Dort treffen wir auf eines der anderen Fahrzeuge, wo ich wechseln werde.“ Wei Liu rief Chen an und teilte ihm die Umstände mit.
Der Fahrzeugwechsel geschah ohne Zwischenfälle. Wei Liu saß bereits im Hölzernen Drachen und dachte darüber nach, wie er sicher nach Hause kommen könnte. Yang Li fuhr vor. Bei ihm waren es drei Fahrzeuge und er brachte zwei Bodyguards mit ins Gasthaus. Wei Liu schaute ihn fragend an und machte eine abwinkende Handbewegung. Li verstand und beorderte seine Bodyguards wieder hinaus. Danach saßen sich Wei Liu und Yang Li im sonst menschenleeren Gasthaus gegenüber. Keiner wollte die Stille brechen.
Schließlich begann Wei Liu aber doch, da er der Ältere war. Er konnte sich ausrechnen, dass Yang Li ihm den Vortritt aus Respekt überließ. „Ich hätte Sie gerne zu mir eingeladen, aber Sie werden verstehen, dass ich aus Diskretion und Sicherheit keine Besuche dieser Art zulassen darf. Ich habe verstanden, dass dieses Treffen für Sie sehr wichtig ist. Daher sitzen wir jetzt hier. Was ist Ihr Anliegen?“ – „Ich bedanke mich sehr für Ihr Entgegenkommen, verehrter Meister Liu. Ich weiß die große Ehre zu schätzen, dass Sie wegen mir ihr Haus verlassen haben. Sie haben recht, es ist sehr wichtig.“
Wei Liu schaute fragend. „Ich möchte die Führung meiner Organisation Ihnen übertragen, mit allen Rechten und Konsequenzen. Sie werden sehen, dass die Organisation ordentlich geführt ist. Auf meine Leute werden Sie sich verlassen können.“
Wei Liu erwiderte langsam: „Das ist ein ungeheures Angebot, was erwarten Sie von mir?“ Die Beherrschung wich aus dem Gesicht von Yang Li. Er verströmte Angst. „Ich muss Ihnen etwas bekennen. Ich mache das nicht aus freien Stücken. Man hat es mir aufgetragen. Und man hat mir bewiesen, dass ich es besser ohne Rückhalt mache. Mein vierter und mein dritter Sohn sind ums Leben gekommen. Ich weiß nicht, wie es geschah. Nach außen hin waren es einfach Unfälle, doch man hatte mir ihren Tod vorhergesagt, wenn ich nicht gemäß Anweisungen handeln würde.“
Wei Liu hatte fast Mitleid mit Li. Da war er selber ja wesentlich besser davon gekommen.
In dem Augenblick läutete sein Telefon.
„Entschuldigen Sie bitte!“ Er nahm das Telefon ab.
„Mr. Liu. Sie sehen, dass unsere Aussagen richtig sind. Bitte nehmen Sie unsere Warnung zur Kenntnis, dass wir sehr viel Information besitzen. Sie sind heute in einem ungepanzerten Wagen gesessen. Sie waren fünfzehn Minuten vollkommen ungeschützt. Sie haben gehört, dass wir manchmal zu nachhaltigeren Methoden greifen können, wenn unseren Anweisungen nicht Folge geleistet wird. Verhalten Sie sich daher richtig.
Ja, noch etwas. Bestrafen Sie nicht den Fahrer. Er ist vollkommen schuldlos. Guten Tag.“
Wei Liu steckte langsam das Telefon ein. Er schaute Li vielsagend an. „Ich denke ich weiß Bescheid. Wir sollten die Modalitäten besprechen.“
Ein Faden, der scheinbar beendet ist.
Für den Moment hatte Pete Wilson aufgeatmet. Das war gerade noch glimpflich abgegangen. Der Vorstand hatte ihm die Selbstzerstörungshypothese abgenommen. Allerdings war er vom Dienst suspendiert worde. Aus Gründen der Geheimhaltung durfte er sich nicht vom Gelände bewegen. Sein Zugang zu den Computersystemen war gesperrt. Eigentlich war es wie ein Gefängnis. Seine Arbeitskollegen mieden ihn. Natalia war freundlich zu ihm, hütete sich aber, sich einen zu nahen Kontakt nachsagen zu lassen. Das hätte ihre Karriere in gleicher Weise beeinträchtigt.
Es war eine ungeklärte Situation: Haft auf Lebenszeit mit all dem Komfort, der den Mitarbeitern geboten wurden.
Als Pete seine Lage nach ein paar Wochen bewusst wurde, fiel er in eine Depression. Was sollte er mit seinem Leben anfangen? Er musste eine Möglichkeit finden, sich innerhalb der beschränkten Möglichkeiten nützlich machen. Er hatte noch einen Laptop, der allerdings keinen Netzwerkanschluss zu Orten außerhalb der UNA hatte. Die interessanten Inhalte des UNA-Netzes waren ebenfalls gesperrt. Er konnte das Menü der Kantine abrufen und Unterhaltungsfilme. Aus Langeweile begann er, den Fortgang seiner Forschungstätigkeit nieder zu schreiben, soweit er es sich aus dem Gedächtnis zusammen reimen könnte. Dabei stellte er fest, wie sehr er vom Computer abhängig war. Er sprach zwar immer vom Rechner, doch jetzt hatte sich bei ihm eine Veränderung der Sichtweise eingestellt.
Er erinnerte sich, was Natalia zu ihm gesagt hatte. Möglicherweise kann ein ziemlich kleines Kernprogramm aus den Prämissen, die er dem Programm gegeben hatte, einen neuen großen Programmkomplex errichten. Er versuchte, auf seinem kleinen Laptop seine ursprüngliche Forschung nachzustellen. Das heisst, was das Programm anging, dass Unzerstörbarkeit bewerkstelligen sollte.
Nach mehreren Wochen entdeckte er, dass sich die ursprünglichen Prämissen beziehungsweise Prädikate verändert hatten. Wenn er das Programm startete, waren die Ausgangsdaten nicht mehr dieselben, die er zu Beginn eingegeben hatte. Es waren weniger geworden und sie schienen etwas genauer geworden zu sein. Er entdeckte etwas anderes, was ihn noch mehr erschreckte. Eine der vom Programm neu errechneten Vorgaben hieß in etwa: eine Aufgabe besteht darin, sich unentdeckbar zu machen. Eine weitere Vorgabe betraf die Selbstreplikation. Pete versuchte ein bisschen im Code zu lesen und machte eine weitere Entdeckung. Das Programm hatte ein Unterprogramm generiert, welches ganz im Sinne eines Virus aufgebaut war. Die Zielsetzung des Virus war, weitere gleichartige Viren zu erzeugen, wobei jeder Virus eine Adresse als Datenwert aufbaute. Pete konnte sich nicht vorstellen, dass aus einem Programm, dass rein auf Deklarationen aufbaute, ein funktioneller Code entstehen konnte, der für sich allein lauffähig war.
Seine Situation war unerträglich. Eingesperrt in einem silbernen Käfig hatte er die Entdeckung gemacht, dass er vermutlich einen Virus erschaffen hatte, der aus dem Umkreis der UNA „entkommen“ war. Er besaß keine Kraft mehr, mit dieser Information weiter zu leben. Er dachte über Selbstmord nach. Doch dann beschloss er die Flucht nach vorne. Er würde dem Vorstand reinen Wein einschenken müssen. Es hatte wohl keine Selbstzerstörung gegeben.
Es war nicht einfach für ihn einen Termin zu bekommen. Er war zur Unperson geworden. Doch angesichts seiner früheren Leistungen räumte im Mr. Smith, einer aus dem Vorstand, einen Gesprächstermin ein.
Er schüttete sein Herz aus: „Es war höchstwahrscheinlich keine Selbstzerstörung.“ Er erzählte, dass er mit den beschränkten Mitteln seines Laptops einen ziemlich leistungsfähigen Virus erzeugt hatte, ohne das im Geringsten beabsichtigt zu haben. „Eigentlich wollte ich nur eine Parallele zum Internet schaffen, ein Programm, welches unzerstörbar ist. Und wie es aussieht, ist eine Strategie des Programmes, sich unsichtbar zu machen.“
Der Gesichtsausdruck von Mr. Smith, der zuerst eine geduldige Zuhörermiene aufgesetzt hatte, veränderte sich zu einer steinernen Maske. „Ist Ihnen bewusst, was das bedeuten kann? Was für Zielsetzungen haben sie dem Programm sonst noch gegeben?“ – „Keine.“ beeilte sich Pete zu antworten. „Es ging mir lediglich um das Prinzip der Unverletzlichkeit.“
„Das Militär wird sich sicher dafür interessieren. Sie haben eine grenzenlose Kompetenzüberschreitung begangen.“ Pete nickte kläglich. „Allerdings ehrt es Sie, uns davon informiert zu haben. Ich werde mit meinen Kollegen sprechen und beratschlagen, wie wir weiter vorgehen werden.“
Nach drei Wochen wurde Pete erneut vor den Vorstand zitiert. „Wir haben gehört, was Sie Mr. Smith erzählt haben. Wir schätzen die Situation als ernst aber nicht bedrohlich an. Inzwischen hätten wir es erfahren, wenn Ihr 290140 böse Auswirkungen hätte. Möglicherweise hat es sich selbst ‚zur Ruhe begeben‘.“
Pete nickte.
„Sie sind der Einzige außer uns, der von 290140 und seinen Möglichkeiten weiß. Wir haben daher beschlossen, ein gewisses Risiko einzugehen und Ihre Ausgangsbeschränkung aufzuheben. Sie werden einen Job in New York bei einer Bank annehmen – es ist alles vorbereitet. Sie werden dort nicht viel zu tun haben. Sie können nachforschen, ob Sie 290140 ausfindig machen können. Wir sind überzeugt, dass es noch vorhanden ist. Sie werden uns monatlich berichten. Keine Unterredungen mit Ihren alten Kollegen hier bei der UNA. Sollten Sie sich etwas zu Schulden kommen lassen, werden wir Sie vor ein Gericht stellen.
Sollten Sie von der Notwendigkeit überzeugt sein, in ein anderes Land zu reisen, muss eine Ausreise von uns vorher genehmigt worden sein.
Aufgrund Ihres Geständnisses an Mr. Smith sind wir zu der Auffassung gelangt, dass Sie selbst Schuldgefühle haben. Daher halten wir das Risiko, Sie mit der Außenwelt in Kontakt treten zu lassen, für akzeptabel. Sind Sie einverstanden?“
Er war einverstanden, immerhin bekam er auf diese Weise seine Freiheit zurück. Er war sehr interessiert bei der Aufklärung zu helfen. Der Kontakt mit den Unaten war sowieso bereits fast bei null, daher bedeutete die diesbezügliche Regelung keine Einschränkung für ihn.
„Wir raten Ihnen, sich eine Frau zu suchen und ein möglichst unverdächtiges Privatleben aufzubauen. Wir erwarten nicht, dass Sie bei den Untersuchungen sofort fündig werden. Wir erwarten, dass es Jahre dauern wird, bis wir Klarheit erlangen.“
Pete wartete, ob da noch etwas käme.
„Sie haben eine Stunde Zeit zum Packen. Ihren Laptop können Sie mitnehmen. Anschließend wird Sie ein Taxi in die Stadt führen. Im Kuvert finden Sie Ihre Wohnadresse und die Adresse Ihres zukünftigen Arbeitgebers. Der Direktor der Bank und ein weiterer Mitarbeiter, den sie nicht kennen werden, sind eingeweiht und werden Ihnen bei Anfangsschwierigkeiten helfen. Guten Tag.“
„Vielen Dank, vielen Dank. Auf Wiedersehen, vielen Dank!“ er beeilte sich, aus dem Zimmer zu kommen.
Im Zimmer schauten sich die Mitglieder des Vorstandes ernst an. „Wird er uns schaden können?“ Mr. Smith antwortete: „Das glaube ich nicht. Ich glaube, dass es das letzte ist, was er möchte. Doch 290140 kann uns schaden. Ich weiß nicht wie, doch der Gedanke, dass es ein freilaufendes Programm gibt, von dem wir nicht wissen, wofür es da ist und was es tut, ist beängstigend. Und wenn ich sage ‚beängstigend‘, ist das eine Untertreibung. Ich habe eine Heidenangst.“
„Wir werden es erfahren, auf die eine oder andere Weise.“ bemerkte Mr. Robertson. „Was haben wir als nächstes auf der Agenda?“
Niemand aus der Gruppe des Vorstands erfuhr, was los war. Zu einem Zeitpunkt, an dem man Auswirkungen des Programmes hätte erkennen können, war der Vorgang um 290140 aus dem Gedächtnis entschwunden, nachdem es zehn Jahre lang zu keinem Ergebnis gekommen war. Pete hatte regelmäßig Berichte geliefert, die alle vom Ergebnis her negativ waren. Nachdem er sieben Jahre lang berichtet hatte, bekam er ein Schreiben, dass seine Berichte nicht mehr erforderlich waren. Gleichzeitig erteilte man ihm eine Ausreiseerlaubnis. Die nutzte er, um mit seiner Frau, die er vor vier Jahren geheiratet hatte, eine Europareise zu unternehmen. Bei dieser Reise saßen sie in dem Flugzeug von Rom nach London, welches kurz vor London abgestürzt war. Keine Überlebenden. Eine Splittergruppe der Al Kaida hatte die Verantwortung übernommen.